Von Jens Wolters
Oft werden Hunde gedankenlos im geschlossenen Fahrzeug zurückgelassen. Den wenigsten Tierfreunden ist bewusst, welche lebensbedrohliche Situation für den Vierbeiner entstehen kann und welche medizinischen Abläufe unter Umständen zum sofortigen Tode eines Hundes führen können, wenn er im überhitzten Innenraum eines Fahrzeugs gefangen ist.
Nicht nur im Hochsommer, sondern im gesamten Zeitraum von April bis September, wenn die Außentemperatur an einzelnen Tagen schon mal die 25°C – Marke überschreitet, kann das unüberlegte Zurücklassen im geschlossenen Fahrzeug einen Vierbeiner in größte Lebensgefahr bringen.
Bei einer Außentemperatur von 30°C im Schatten kann die Lufttemperatur in einem geschlossenen Fahrzeug schnell auf über 45°C ansteigen. Im vorderen Bereich des Innenraums können in Kopfhöhe bis zu 60°C, im hinteren Sitzbereich etwa 55°C und im Fußraum immerhin noch bis zu 50°C Lufttemperatur entstehen. Bei direkter Sonneneinstrahlung kann die Oberflächentemperatur von Lenkrad und Armaturenbrett sogar Werte von bis zu 100°C erreichen.
Diese Temperaturen können bei einem abgestellten Fahrzeug bereits nach 45 Minuten erreicht werden.
In solchen Situationen ist es nicht ausreichend, wenn das Fenster zur Belüftung einen kleinen Spalt weit geöffnet bleibt. Diese Maßnahme führt zu keiner bemerkenswerten Verringerung der Innentemperatur im Fahrzeug.
Können Hunde schwitzen?
Der Hund gehört als Säugetier zu den warmblütigen Tieren und ist stets bestrebt, seine Körpertemperatur – die bei einem gesunden Hund im Höchstfall bei 38,5°C liegt – im Rahmen enger Grenzen möglichst konstant zu halten. Aufgrund der Tatsache, dass der Hund kaum über Schweißdrüsen verfügt, nutzt er andere Methoden um seine Körpertemperatur zu senken.
Durch Strahlung ist die Abgabe der Körperwärme nur effektiv, wenn die Umgebungstemperatur geringer als die Körpertemperatur ist. Ist dies – wie z.B. in einem geschlossenen Fahrzeuginnenraum – nicht der Fall, so nimmt der Tierkörper zusätzliche Wärme auf.
Eine Wärmeübertragung durch Leitung entsteht bei direktem Kontakt mit einem kühlen Untergrund, an den die Wärme abgegeben werden kann.
Mit dem Prinzip der Konvektion geschieht der Abtransport der erwärmten Luft von der Haut über den Auftrieb, den die warme Luft erfährt. Dies funktioniert jedoch auch nur, wenn die Umgebungstemperatur geringer als die Körpertemperatur ist.
Diese drei im Verhältnis mit geringer Körperenergie verbundenen Methoden zur Abgabe von Körperwärme zeigen bei einem im überhitzten und vollständig geschlossenen Fahrzeug eingesperrten Hund jedoch kaum Wirkung.
Somit bleibt für den Hund nur die energieaufwendigste Methode, das sogenannte „Wärmehecheln“, wobei die Wärmeabgabe durch eine Wasserverdunstung durchgeführt wird.
Beim Hecheln des Hundes wird die Atmungsfrequenz von normalerweise 10 bis 30 Atemvorgängen pro Minute auf 130 bis maximal 400 erhöht. Das Atemminutenvolumen kann dabei von 2 Liter bis auf 50 Liter zunehmen, wobei eine Wasserverdunstung von 200 Gramm pro Stunde erreicht werden kann. Im geschlossenen Fahrzeug führt diese vom Hund abgegebene Wassermenge zu einem Anstieg der Luftfeuchtigkeit, was unter Umständen am Kondenswasser der von innen beschlagenen Scheiben gut zu erkennen sein dürfte. Je länger diese Situation andauert, umso weniger effektiv verläuft die Verdunstung.
Wenn der Kreislauf beim Hund versagt
Die thermisch neutrale Zone – also der Temperaturabschnitt, in dem die Stoffwechselvorgänge konstant sind und auf einem Minimum ablaufen – liegt für den Hund bei einer Umgebungstemperatur von 20 – 25°C. Sollte die Körpertemperatur des Hundes über die normalen 38°C hinaus ansteigen, so kann es bereits bei 41°C zu Funktionsstörungen im Nervensystem und bei 44°C zum Tode des Tieres kommen. Bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit kann das Tier bereits bei 40°C verenden.
Manchmal tritt der Tod bereits vor Erreichen dieser Körpertemperatur infolge eines Kreislaufversagens (Kollaps) ein, der aus der ungewohnten Stresssituation, bedingt durch einen starken Selbsterhaltungstrieb, resultiert.
Das andauernde Wärmeempfinden verleitet den Hund dazu ein kühleres und schattiges Plätzchen aufzusuchen, was jedoch in einem geschlossenen Wagen ziemlich aussichtslos erscheint. Der Hund kann zusätzlich nicht einschätzen, wie lange diese für ihn immer ungünstigere Situation anhält und unternimmt instinktiv immer größere körperliche Anstrengungen.
Die Symptome der Hyperthermie
Bei einer warmen Umgebungstemperatur erweitern sich die Blutgefäße und die Haut wird stärker durchblutet. Um den Blutdruck trotzdem konstant zu halten werden die Herzfrequenz und das Schlagvolumen ebenfalls gesteigert. An dieser Stelle kann noch nicht von einem Leiden des Tieres gesprochen werden.
Sollte diese Hitzeeinwirkung jedoch längere Zeit andauern, kann das Schlagvolumen trotz hohem Pulsschlag absinken und zum Kollaps führen. Die Symptome dieser sogenannten Hyperthermie erkennt man am Hund an Ermattung, Apathie, stark erhöhter innerer Körpertemperatur, Rötung der Schleimhäute, beschleunigter Herztätigkeit und schwachem Puls. Dauert dieser Zustand länger an, so kann es auch zu Aufregungserscheinungen, Krämpfen, Bewusstlosigkeit und schließlich sogar zum Tod des Tieres kommen, der sofort oder erst nach Stunden oder Tagen eintreten kann. Hunde, die einmal einem solchen Hitzestress ausgesetzt waren und überlebt haben, steigen oft über eine längere Zeit nicht mehr freiwillig in ein Fahrzeug ein.
Nach dem Tierschutzgesetz kann das andauernde Erleben eines Hundes, der 90 Minuten in einem etwa 45°C heißen Fahrzeuginnenraum saß, als erhebliches Leiden eingestuft, somit als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gesehen und mindestens als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden.
Maßgeblich erscheint, dass die durch physiologische Veränderungen im Körper des Tieres entstandenen Leiden bereits dann auftreten, wenn noch keine bleibenden Schäden am Tier zu beobachten sind.
Wie verhält man sich im Notfall?
Wer bei hohen Temperaturen einen Hund im geschlossenen Fahrzeug entdeckt, der bereits die zuvor beschriebenen Anzeichen einer Hyperthermie zeigt, sollte umgehend die Polizei über den Notruf 110 oder den zuständigen Tierschutzverein oder Tierrettungsdienst verständigen.
Sicherheitshalber sollten aus solchen Situationen befreite Tiere umgehend von einem Tierarzt untersucht werden. Wahre Tierfreunde sind bei hohen Außentemperaturen stets bemüht, ihrem geliebten Vierbeiner jeden unnötigen Aufenthalt im Fahrzeug und ein damit verbundenes Risiko zu ersparen. Lange Urlaubsfahrten in der warmen Jahreszeit in Begleitung eines Hundes sollten deshalb vorher gründlich durchdacht werden.
Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, als das Tier im Auto mitzunehmen, sollten beim Abstellen des Fahrzeugs – als einzige wirksame Schutzmaßnahme – zwei Fenster vollständig geöffnet und diese durch ein eingesetztes Gitter oder Netz gesichert werden. Trotzdem darf der Hund keine Möglichkeit bekommen, sich unbeaufsichtigt selbst aus dem Fahrzeug zu befreien und eine ordnungsgemäße Sicherung des Fahrzeugs gegen Diebstahl muss ebenfalls gewährleistet sein.